Intensiv-Schach
Liebes Schachtagebuch,
was für ein intensiver Tag! Nicht nur für mich, sondern auch für viele andere.
Dass die Runden fünf und sechs in einem Turnier oft vorentscheidend sind, ist ja allgemein bekannt. Und so richteten sich wieder viele Augen – natürlich nur von Noch-Spielenden – auf Yaroslav Demchenko. Beeindruckend, wie der junge Bamberger das starke Feld fest im Griff hat. Am Samstag die Siege fünf und sechs für ihn. Zum Meistertitel reicht ihm nun ein Remis. Aber so wie ich ihn einschätze, spielt er wieder auf Gewinn. Gegen Altmeister Arkadiy, das wird ein Spaß. Einen Oberfranken-Meister mit 7 aus 7, das hatten wir lange nicht mehr …
Ich für meinen Teil hatte ein paar helle Momente. Schon die Tatsache, dass mein letzter Tagebucheintrag zu zwei neuen Hinweiszetteln am Turniersaal-Eingang führte (ich sag nur „Wir müssen draußen bleiben“), motivierte mich. Leider nahm mich Möchtegern-Torero vormittags ein Stier auf die Hörner. Mittags wieder eine Genugtuung: Ich entschied im vollen Speisesaal die Schlacht am Schnitzel-Buffet für mich; auch sonst ging natürlich niemand nachmittags hungrig ans Brett. Dermaßen gestärkt, fuhr ich nach vier Stunden hartem Kampf meinen ersten Sieg ein.
Respekt übrigens, wie alle durchhalten, obwohl es in jeder Ecke des Turniersaals schnieft und hustet. Schiedsrichter Ingo Thorn gemahnte dies schon an ein Lazarett. Mich erinnerte es ein bisschen an ein Turnier Ende Februar 2020, bei dem plötzlich eilends Desinspektionsspender herbeigeschafft wurden und der Handschlag zur Begrüßung zum freiwilligen Akt erklärt wurde. Es ist eben die Zeit der Atemwegserkrankungen, wie Ingo feststellte. Wer noch den Sonntag schafft, kann auf jeden Fall einen Erfolg feiern: das Bezwingen der Viren auf der Kronacher Intensiv-Schachstation.
(Foto: Thanh Hai Stephan)